— mit William MacKenzie
rum·ei·ern
/rúmeiern/
schwaches Verb
UMGANGSSPRACHLICH
1. Ohne klare Linie handeln, sich unklar äußern(und deshalb nichts erreichen.
2. Umgangssprachlich :sich unsicher, ungleichmäßig, ziellos bewegen
Eigentlich hatte es sich Frau Tausendschön in der Lethargie schön eingerichtet und sich
vorgenommen, mit dem Coronahündchen, der vollzogenen Hirnschrumpfung und der
wegen exzessiven Genusskochens und Brotbackens fortgeschrittenen Verfettung der Ver-
rentung entgegenzudämmern. Allein, es war nicht möglich, denn sie sprudelt noch, die
köstliche Quelle der Kreativität. Zwar nicht so unbedingt und ungestüm wie gewohnt, aber
doch so, dass die von der Irrelevanz zerrupfte Künstlerinnenseele in Genugtuung und
Freude baden kann.
Was tut die Menschheit seit mehr als einem Jahr? Die Politikerinnen, die Hobbyvirologen,
die Kassiererinnen, die Fußballer? Sie alle eiern herum, dass es eine Art ist. Und Nessi
Tausendschön eiert mit. Sie hat es beim Rumeiern sogar bis zur Perfektion gebracht, nie-
mand eiert so schön und bühnentauglich wie sie. Ihre Themen sind u.a. Verkehrsinseln,
unsere Sprache, Gleichberechtigung, die Bepflanzung von Vorgärten und die leidige Politik.
Es ist offensichtlich, wie verletzlich wir sind und wie sehr wir von einander abhängig sind
und wie sehr wir von unseren eigenen Unzulänglichkeiten durchgeschüttelt werden. Aus
den grössten Krisen heraus entstehen oftmals die kreativsten Ideen, so sagt man. Und so
sitzt Frau Tausendschön schon seit zwei Sommern im Garten und wartet auf Inspiration.
Eine Kaktusblüte ist deshalb so schön und so betörend, weil es vorher ein Jahr lang karg war.
Und wenn Sie am Ende des Abends dasitzen und sich fragen: Worum ging es eigentlich?
So kann dies vielleicht an dieser Stelle erklärt werden, denn Frau Tausendschön kann es
nicht. Am Ende geht’s immer nur ums Öl, das weiß jede Friseuse, ähh, Friteuse. Sicher ist,
dass Sie sich sagen werden: Frau Tausendschön hat mir einen trüben Abend begrünt, an
dem ich auch hätte zu Hause bleiben können. Und wer immer noch nicht weiß, was zu
erwarten ist: es wird lustig. Vielleicht auch melancholisch. Rumeiern eben.
PRESSEMELDUNGEN
Rheinische Post:
Nessi Tausendschön auf dem Zenit
Wer 30 Jahre in der Kleinkunstszene dabei ist, kann behaupten, dass er den Nerv des
Publikums trifft. Das jedenfalls trifft auf Nessi Tausendschön zu, die mit ihrer Mischung
aus ausdrucksstarken Songs, dem Bedienen einer singenden Säge und bissigen Poli-
tik-Kommentaren das Publikum in der Rheinberger Stadthalle überzeugen konnte.
Main Post:
Nessi Tausendschön bespielt seit drei Jahrzehnten die Kleinkunstbühnen mit klugen,
tiefgründigen und effektvollen Inszenierungen. In ihrem neuen Programm – „30 Jahre
Zenit – Operation Goldene Nase“ – erlaubt sie sich einen Rückblick, wobei dieser erschre-
ckend aktuell ist und dies nicht nur durch ihre Einlassungen zu Donald Trump oder Alice
Weidel oder Merkel…
Kölner Stadtanzeiger:
„Dabei liegt der Reiz ihrer Auftritte im harten Kontrast zwischen ihrem lasziv-verführeri-
schen Aussehen und dem unerbittlichen Wüten, ihrer luziden Schönheit und der
Hemmungslosigkeit, mit der sie auf alles eindrischt, was ihr missfällt.“ „Nessi Tausend-
schön gleicht einem Vulkan: mal feuerspeiend, dann wieder sanft qualmend - immer
unberechenbar. Daß der äußere Schein trügt, führt sie in immer neuen, variationsreichen
Ausbrüchen vor. Nicht zu fassen, welche Beutelungen dieses zierliche Wesen auf der
Bühne verursacht, wie sie von gefühlvollen Momenten zu anarchischer Wut springt - mit
dem ganzen Einsatz ihrer doppelbödigen Persönlichkeit, vor keinem Bruch zurück-
schreckend.“
Foto: (c) Carsten Bokermann