Die griechische Mythengestalt des Ödipus begleitet Bodo Wartke als Langzeitprojekt
bereits seit seiner Schulzeit. Die ursprüngliche Idee eines Zwölftklässlers, aus dem
antiken Drama ein Musical zu machen ließ sich zur damaligen Zeit nicht verwirklichen.
Und so blieb es zunächst bei einzelnen Episoden der Ödipus-Saga, die der
Klavierkabarettist seit seinem ersten Konzert 1996 als Bestandteil seiner ersten drei
Programme präsentierte.
Der dramaturgisch starke und spannende Stoff ließ Bodo Wartke nicht mehr los. Sein
Mitgefühl für die Figuren, die versuchen ihrem Schicksal zu entrinnen, und die
Faszination an der zwangsläufigen Tragik des Dramas bewogen ihn über die Jahre weiter
an seiner eigenen Textfassung zu arbeiten.
Und so brachte Bodo Wartke 2009, nach 15jähriger Entwicklung, den ganzen König
Ödipus auf die Bühne. In seiner Bearbeitung als Solo-Theater wird aus dieser
griechischen Tragödie nach Sophokles – lähmende Erinnerung an so manch‘ verstaubte
Deutschstunde – ein musikalischer, kurzweiliger, frech und intelligent präsentierter
Klassiker, der das Publikum mitreißt, der die Laune und das Bildungsniveau schlagartig
hebt.
Bodo Wartke schafft es in 120 Minuten, 11 Szenen, 6 Liedern und mit nur neun Requisiten
– darunter eine Schirmmütze, eine Handpuppe, eine Sonnenbrille, ein Schwert, ein
Cajón und ein Klavier sowie den typischen Wartke-Zutaten – intelligente Wortspiele und
elegante Reimkaskaden – den 14 handelnden Personen der Tragödie Leben
einzuhauchen ohne die Glaubwürdigkeit der Geschichte mit seiner humorvollen
Adaption zu untergraben.
Ödipus, Sohn des Laios, König von Theben, der unwissend seinen eigenen Vater tötet.
Und später, als Belohnung dafür, dass er Theben von der Sphinx befreit, Iokaste, die
Witwe des Königs und damit seine eigene Mutter, zur Ehefrau erhält.
Das Publikum kann am Ende dieser kurzweiligen Aufführung, deren dramatische
Abgründe und komödiantischen Höhen Bodo Wartke mit viel Gespür auslotet, des Laios’
Entsetzen auf die unschuldige Frage von Iokaste „Wat haste?“ mit amüsiertem Gruseln
nachempfinden. Für die Zitate aus Rumpelstilzchen und Hamlet allerdings lohnt sich
genaues Hinhören.
Wenn Bodo Wartke klassische Bildungsinhalte verständlich selbstverständlich
präsentiert, authentisch, augenzwinkernd und ohne den didaktisch-pädagogischen
Zeigefinger, fühlt man sich im besten Falle angeregt, der Neugier nachzugeben und den
einen oder anderen Klassiker aus dem Regal zu nehmen. Und so bietet der
Klavierkabarettist mit seiner Fassung des König Ödipus einen barrierefreien Einstieg in
einen zu Recht berühmten Sagenstoff, nicht nur für Schüler und Studenten.