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Live im Lustspielhaus

 „Wir wollten unbedingt mal wieder eine Live-Platte machen“, sagt Ludwig Seuss anlässlich
der Vorstellung seiner neuen CD mit der Ludwig Seuss Band. Für die Scheibe
„Live im Lustspielhaus“, soeben bei Styx Records erschienen, hat Seuss nicht nur seine
bewährten Bandmitglieder, sondern eine Handvoll weiterer musikalischer Wegbegleiter
um sich geschart. Herausgekommen ist eine stilistisch gut ausbalancierte
Stimmungspackung, die die gesamte Bandbreite der Akteure abbildet, mit Blues-
Standards, Boogie-Ausritten, Zydeko-Nummern und Eigenkompositionen. Das
Lustspielhaus hatten sich die Musiker für ihre Mitschnitte auch wegen des
enthusiastischen Publikums ausgesucht, das bei dieser aus 15 Tracks bestehenden
Werkschau durchaus hörbar mitmischt – für ein Live-Album quasi das Salz in der Suppe.
Für den Auftakt und „zum Warmspielen“ haben sich Seuss & Co. gleich mal
„All Night Long“ mit seiner Standard-Phrase aus der frühen Big Band-Ära eines Count
Basie vorgenommen, eine Nummer, die mit der für Ludwig Seuss geradezu wie
geschaffen klingenden Textzeile „I´m the Boogie Man“ schon die weitere Absicht vorgibt,
jeden der beteiligten Musiker akzentuiert zur Geltung zu bringen. Beim ruhigen On-The-
Road-Stück Drive It Home“ von Snooks Eaglin hat dann gleich mal Seuss´ alter Mitstreiter
Thilo Kreitmeier (Saxofon) seinen Auftritt: „Man merkt die Tiefe, wenn er Blues spielt“,
schwärmt Seuss über Kreitmeier, der sehr stark auch im Jazz zu Hause ist. Mit „Country
Girl“, einem Tribute an den New Orleans-Pianisten Roosevelt Sykes aus den Vierzigern,
geht es für ihn selbst wieder an die Boogie-Tasten – spätestens ab diesem schön
wippenden Stück weiß man: der Ludwig kann gesangsmäßig auch „dirty“ wie einst „The
honeydripper“ Sykes! Mit E-Gitarrist Titus Vollmer gibt hier ein weiterer Großmei-ster
seine Visitenkarte ab, wie diese Who-is-who-Live-Produktion überhaupt dafür steht, die
Summe ihrer Einzelkönner gebührend wirken zu lassen.
„Total aus´m Hut gespielt“ habe man dann „Let The Good Times Roll“, erzählt Seuss von
den Live-Aufnahmen – diesmal sind der Hamburger Claas Vogt (Vocal/Rubboard) und der
großartige Chicago Shuffle-Drummer Peter Kraus mit von der Partie, während Seuss zum
Akkordeon greift: Stimmung prächtig! Und wenn Seuss schon mal die Quetsch´n in der
Hand hat, geht’s logisch weiter mit der Zydeco-Nummer „Watch That Dog“ (nach G.
Delofose). Seuss garniert das Ganze hinterher mit einem louisianamäßigen „Merci!“. Es
folgt wieder ein starker Auftritt von Gitarrist Titus Vollmer, der „Seacruise“ (von H.
Smith) zusammen mit Dr.Will (vocals und rubboard) zu einem ganz eigenen Erlebnis
macht – animierende Textzeile: „Be my guests, you got nothing to lose...“).
„Live im Lustspielhaus“ überzeugt nicht zuletzt durch die mit Bedacht gewählte Reihenfolge
seiner Stücke. So nimmt Ludwig Seuss zwischendurch mal kurz den Dampf raus und
bringt eines seiner Herzensstücke: Die romantisch-melancholische Eigenkomposition „Till
The Moon Is Full Again“ erzählt in reiner Walzer-Schönheit von der Hoffnung auf ein
Wiedersehen, von der Sehnsucht nach einem bestimmten Menschen oder Ort. Diese
inspirierenden Orte sind für Seuss und seine schwarze Blueser-Seele natürlich New
Orleans und überhaupt ganz Louisiana.
Tempo nimmt die Live-CD dann gleich wieder mit „Let It Out“ auf, einer fröhlich dahinratternden
Akkordeon-Nummer (arrangiert von W.Hampel/L.Seuss) mit Eddie Tayloram
Saxophon. Der Text ist hier quasi Programm: „....till the glasses crack“! Und dann folgt
ein Klassiker des Story-Telling-Blues: Das fiebrige, von Manfred Mildenberger ordentlich
schlagzeug-gewürzte Clifton Chenier-Stück „Hot Tamal Baby“ und den ewig gültigen
Zeilen von Liebe, Rausch, Untreue, Verrat und – eben Blues: I met a little girl, she made
me feel alright, early in the mornin´and late at night...my hot Tamal baby“. Dann
wieder als schönes Wechselbad die Zydeko-Nummer „Cher Catin“ (ebenfalls nach
C.Chenier) mit Seuss am Akkordeon, der Bobby Charles-Klassiker „See You Later Alligator“
mit einem bestens aufgelegten Dr.Will als Leading Vocal und Sax-Gott Tilo Kreitmeier
– Herz, was willst Du mehr? Die Ludwig Seuss Band „samt friends“ gibt in dieser
Phase nicht nur tüchtig Gas, sie erweist mit „Maybelline“ (Gesang diesmal kein
Geringerer als Günter Sigl von der „Spider Murphy Gang“!) auch Größen wie Chuck Berry
ihre Reverenz: „Dem bin ich sogar mal hinterher gereist“, erinnert sich Seuss, der bei
dieser Rock´n-Roll-Nummer den Piano-Part übernahm. Man habe „im Flow des Set
gespielt“, berichtet er von den Recordings, die hinterher größtenteils noch im „Downhill
Studio“ vom Bassisten Tom Peschel abgemischt wurden: Je nach Stimmungsentwicklung
(bei der Band wie bei den Musikern) wurde spontan entschieden, was als nächstes
drankommt. Und wenn es der „Moment“ hergab, dann wurde auch mal ein wenig „auf
Kerzenlicht runter gedimmt“ - „Magic 8“, ein in sich gekehrter, ruhiger
Instrumentalblues, kommt genau zur rechten Zeit, ehe die Aufnahme noch einmal Fahrt
aufnimmt und fast acht Minuten lang boogiemäßig „Down The Road“ brettert. Ludwig
Seuss zeigt hier noch einmal am Piano seinen großen Ideenreichtum, und Peschel am
Kontrabass tut es ihm gleich.
Nach einem derart reichhaltigen Trip durch die Bluesgeschichte ließen sich die Musiker
noch einen gänzlich unbluesigen „Kehraus“ einfallen: „Ay Ya Ya“, ein Zuckerl, das den
einen oder anderen laut Ludwig Seuss an Hubert von Goisern erinnert haben soll: „Dabei
bin ich doch überhaupt kein Knopfakkordeon-Spieler“, sagt der Band-Chef. Sprach´s und
spielte die „oide Quetschn“ einfach, dass es eine Freude ist... |
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